Nürnberger Ketzerprozesse

gegen Kindermordgegner

EINE KETTE VON RECHTSBEUGUNGEN

VI.c. Anklageschrift

 

Staatsanwaltschaft

Nürnberg-Fürth

 

Aktenzeichen: 404 Js 30018/00

Nürnberg, 10.03.2000/Jae

Anklageschrift

in der Strafsache

gegen

Dr. Johannes  L e r l e  geb. 01.06.1952 in Halle, Geburtsname: Lerle, Familienstand: ledig, Beruf: Chemiewerker, deutscher Staatsangehöriger, wohnhaft: Brüxer Straße 25, 91052 Erlangen

Die Staatsanwaltschaft legt aufgrund ihrer Ermittlungen dem Angeschuldigten folgenden Sachverhalt zur Last:

Der Angeschuldigte zeichnete presserechtlich verantwortlich für das Flugblatt

"Kindermord im Klinikum Nord Dr. Freudemann tötet Kinder",

in dem es unter anderem heißt:

"Dr. Freudemann foltert - schlimmer als im KZ -: Die Opfer werden zu Tode gequält und lebendig in Stücke gerissen. .. . Auch Dr. Freudemann scheint dies so zu verstehen. Denn beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe klagte er gegen ein bayrisches Gesetz, das ihm verbietet, mehr als 25 Prozent seiner Einnahmen durch die Tötung von Kindern zu erzielen. Und die Karlsruher Richter beugten das Recht in seinem Sinne, indem sie urteilten, daß das Grundrecht der freien Berufsausübung auch für Berufskiller gilt."

Entsprechend der vorgefaßten Absicht des Angeschuldigten fühlte der Geschädigte Dr. Freudemann sich durch diese Äußerungen in seinem sozialen Wert herabgewürdigt und in seiner Ehre gekränkt.

Dr. Freudemann hat form- und fristgerecht am 23.02.2000 Strafantrag gestellt. Exemplare des verfahrensgegenständlichen Flugblattes wurden vom Angeschuldigten am 26.11.1999 und am 03.12.1999 von Unbekannten auf dem Hauptmarkt in Nürnberg verteilt.

Die beschlagnahmten Flugblätter unterliegen der Einziehung.

Der Angeschuldigte wird daher beschuldigt,

einen anderen beleidigt zu haben,

strafbar als

Beleidigung gemäß §§ 185, 194, 74 Abs. 1, 74 d Abs. 1 StGB.

 

Wesentliches Ergebnis der Ermittlungen:

Der Angeschuldigte ist als radikaler Abtreibungsgegner bekannt. Im Verfahren 404 Js 43127/97 wurde er mit seit 23 .06.1999 rechtskräftigem Urteil des Amtsgerichtes Nürnberg wegen Beleidigung zu einer Geldstrafe in Höhe von 60 Tagessätzen zu je 20 DM verurteilt. Weiterhin wurde die Einziehung der Flugblätter angeordnet. Dieses Verfahren hatte ebenfalls eine Beleidigung des Arztes Dr. Freudemann zum Gegenstand.

Unter dem Aktenzeichen 404 Js 47438/98 wurde Anklage zum Amtsgericht Erlangen erhoben - ebenfalls wegen Beleidigung zum Nachteil Dr. Freudemann - und hier am 24.01.2000 eine Verurteilung zu einer Geldstrafe in Höhe von 60 Tagessätzen zu je 30 DM ausgesprochen, die aber noch nicht rechtskräftig ist. Unter dem Aktenzeichen 404 Js 41595/98 wurde Anklage zum Amtsgericht Fürth wegen Beleidigung des Bundesministers der Finanzen Dr. Waigel und des Richters am Amtsgericht Nürnberg Ackermann erhoben. Hier erfolgte ebenfalls eine Verurteilung zu einer Geldstrafe, die aber ebenfalls noch nicht rechtskräftig ist.

Bei dem Angeschuldigten handelt es sich um einen Überzeugungstäter.

Zur Aburteilung ist nach §§ 7 - 13 StPO, §§ 24 Abs. 1, 25 Nr. 2 GVG das Amtsgericht -Strafrichter- Nürnberg zuständig.

Ich erhebe die öffentliche Klage und beantrage,

1. das Hauptverfahren zu eröffnen,

2. einen Termin zur Hauptverhandlung anzuberaumen.

 

Als Beweismittel bezeichne ich:

Zeugen:

PHM Korth, Polizeiinspektion Nürnberg-Mitte (Bl. 2)

Urkunden:

Auskunft aus dem Bundeszentralregister Strafantrag (Bl. 20)

Ablichtung des verfahrensgegenständlichen Flugblattes (Bl. 7) Beschlagnahmebeschluß des Amtsgerichts Nürnberg vom 27.11.1999 (Bl. 8 )

Sonstiges:

Asservierte Flugblätter, ÜL-Nr. 12/00

gez.: Eckenberger, Staatsanwältin