Nürnberger Ketzerprozesse

gegen Kindermordgegner

EINE KETTE VON RECHTSBEUGUNGEN

a. Antwort der Staatsanwaltschaft

 

Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth

 

Aktenzeichen: 108 Js 864/02

Nürnberg, 04.06.2002

 

Strafanzeige des Johannes Lerle vom 13. Mai 2002

gegen VRiLG Dr. Schmidt, RiLG Reitzenstein, RiLG Heinemann, VRiLG Kuda, VRiLG Kriegel, OStA Meier-Staude, VRiBayObLG Kehrstephan, RiBayObLG Kalibe und Heiss  wegen angeblicher Rechtsbeugung

Bescheid:

Von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens wird abgesehen, §§ 152 Abs. 2, 170 Abs. 2 StPO.

Gründe:

Der Anzeigeerstatter ist engagierter Abtreibungsgegner. Wegen seiner diesbezüglichen Aktivitäten wurde er bereits mehrfach zivilrechtlich zur Unterlassung bestimmter Behauptungen bzw. strafrechtlich wegen Beleidigung/übler Nachrede verurteilt. Mit seiner Strafanzeige vom 13. Mai 2002 trägt er vor, daß die an den gegen ihn gerichteten Verfahren beteiligten Juristen (Richter und Staatsanwalt) sich des Verbrechens der Rechtsbeugung schuldig gemacht hätten.

Die Richter der 17. Zivilkammer des Landgerichts Nürnberg-Fürth hätten in ihrem Urteil vom 20. Oktober 1997 ihm verschiedene wahre Tatsachenfeststellungen untersagt und dies folgendermaßen begründet:

"Auch der Satz: "Dr. Freudemann tötet Kinder" stellt eine Herabsetzung dar, da er im Zusammenhang mit Mord geäußert wird und der Eindruck erweckt wird, wie wenn der Verfü- gungskläger lebende Kinder abtöten würde und nicht durch einen medizinischen Eingriff Embryonen."

Die Unterlassungsverfügung sei also mit der Behauptung begründet, die als “Embryo” bezeichneten Kinder im Mitterleib seien keine Menschen. Ein Gerichtsurteil auf eine derartige unbewiesene Behauptung aufzubauen, sei eindeutig Rechtsbeugung.

Der damalige Vorsitzende der 8. Strafkammer des Landgerichts Nürnberg-Fürth, VRiLG Kuda, habe seine - des Anzeigeerstatters - erfolgte Verurteilung wegen Beleidigung folgendermaßen begründet:

"Der Angeklagte weiß genau, daß der medizinische Eingriff des Dr. Freudemann nicht lebende Menschen, sondern Em- Fbryonen betrlfft.”

In dem Urteil sei aber nirgendwo angedeutet, daß diese medizinische Behauptung eines Beweises bedürfe.

In seinem Strafurteil vom 22. Mai 2000 habe VRiLG Kriegel die Verurteilung wegen Beleidigung des Bundestagsabgeordneten Dr. Theodor Waigel folgendermaßen begründet:

"Nach den Erkenntnissen der Wissenschaft ist zwischen Mensch und Embryo, d. h. dem ungeborenen menschlichen Leben, zu unterscheiden."

Auch insoweit fehle in dem Urteil jeglicher Hinweis, welche Erkenntnisse der Wissenschaft gemeint seien. Mit seiner völlig aus der Luft gegriffenen Behauptung spreche Richter Kriegel den Kindern im Mutterleib das Menschsein ab.

Obwohl der Anzeigeerstatter in seiner Revisionsbegründung gegen dieses Urteil “idiotensicher” nachgewiesen habe, daß seine Verurteilung wegen angeblicher Beleidigung Dr. Waigels auf der völlig aus der Luft gegriffenen Behauptung beruhe, die Kinder im Mutterleib seien keine Menschen, habe Oberstaatsanwalt Meier-Staude in seiner Stellungnahme gegenüber dem Bayer. Obersten Landesgericht ausgeführt, daß die Nachprüfung des Urteils keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben habe. Der Oberstaatsanwalt habe sich damit ebenso der Rechtsbeugung schuldig gernacht wie die Richter des Bayer. Obersten Landesgerichts, Kehrstephan, Kaliebe und Heiss, die seine Verurteilung bestätigt hätten.

Der Strafanzeige kann keine Folge gegeben werden.

Ein strafbares Verhalten aller Beschuldigten liegt schon nach dem Anzeigevorbringen ersichtlich nicht vor.

Embryonen werden nach der Systematik der das Leben schützenden Strafvorschriften Menschen im Sinn dieser Vorschriften erst mit dem Beginn der Geburt. Der Gesetzgeber stellt die vorsätzliche Tötung vorgeburtlichen menschlichen Lebens als "Schwangerschaftsabbruch" unter Strafe, während eine Tötung nach Beginn der Geburt als "Tötung eines Menschen" (§§ 211,.212 StGB) angesehen wird. Diese rein strafrechtliche Abgrenzung von Abtreibungs- und Tötungsdelikten besagt nichts über den Beginn des Menschseins in ethischer oder biologischer Sicht (so bereits BGHSt 31, 351) und über die verfassungsrechtliche Schutzpflicht gegenüber dem sich entwickelnden menschlichen Leben.

Ausweislich der in der Anzeige zitierten Urteilspassagen hat keines der beschuldigten Gerichte Embryonen das Menschsein abgesprochen, sowohl das Urteil der 17. Zivilkammer als auch das Urteil der 8. Strafkammer weisen vielmehr auf den oben genannten Unterschied zwischen “lebenden Kindern” bzw. “lebenden Menschen” und “Embryonen” (also ungeborenem menschlichen Leben) hin. VRiLG Kriegel hat in seinem Urteil vom 22. Mai 2000 Embryonen ausdrücklich und wörtlich gerade als “ungeborenes menschliches Leben” bezeichnet. Für diese anerkannte rechtliche Bezeichnung bedarf es entgegen der Ansicht des Anzeigeerstatters keines (naturwissenschaftlichen) Beweises.

Der Vorwurf der Rechtsbeugung gegen die beschuldigten Richter des Landgerichts Nürnberg-Fürth ist danach schon objektiv abwegig. Infolgedessen scheidet schon aus diesem Grund auch eine Strafbarkeit des Oberstaatsanwalts beim Bayer. Obersten Landesgericht und der seinem Antrag folgenden Richter des Bayer. Obersten Landesgerichts aus. Schon die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens gegen alle Beschuldigten kommt danach nicht in Betracht.

gez.  Wenny

Oberstaatsanwalt