Nürnberger Ketzerprozesse

gegen Kindermordgegner

EINE KETTE VON RECHTSBEUGUNGEN

VI.g. Berufung

 

Johannes Lerle

Brüxer Str. 25

91052 Erlangen

Tel. 09131/302455

 

Amtsgericht Nürnberg

Strafabteilung

Fürther Str. 110

90429 Nürnberg

Erlangen, den 10.7.2000

Az.: 45 Ds 404 Js 30018/00

 

Berufungsbegründung

 

Meine Berufung gegen das Strafurteil vom 24. Mai 2000 begründe ich hiermit wie folgt:

 

Auf Fehler bei der Darstellung des Sachverhaltes soll hier nicht eingegangen werden, da dies vom wesentlichen ablenkt.

In der Begründung des angefochtenen Urteils wird auf ein Zivilurteil und auf ein inzwischen rechtskräftig gewordenes Strafurteil des Amtsgerichts Nürnberg (ebenfalls durch Richter Ackermann) Bezug genommen (S. 4 und S. 7f), das die erste Auflage des Flugblattes "Kindermord im Klinikum Nord", die sich von der verfahrensgegenständlichen Fassung nur geringfügig unterscheidet, zum Gegenstand hat.

In dem Zivilurteil und in dem Berufungsurteil in der Strafsache wurde mit folgenden Worten bestritten, daß die von Dr. Freudemann getöteten Personen Menschen sind: "Auch der Satz: ‘Dr. Freudemann tötet Kinder’ stellt eine Herabsetzung dar, da er im Zusammenhang mit Mord geäußert wird und der Eindruck erweckt wird, wie wenn der Verfügungskläger lebende Kinder abtöten würde und nicht durch einen medizinischen Eingriff Embryonen" (Dr. Schmidt, Reitzenstein und Heinemann von der 17. Zivilkammer des Landgerichts Nürnberg-Fürth; Az: 17 O 8640/97, S. 7). "Der Angeklagte weiß genau, daß der medizinische Eingriff des Dr. Freudemann nicht lebende Menschen, sondern Embryonen betrifft. Der Angeklagte hat sich diesbezüglich auch durch einen einschlägigen Kommentar informiert. Ihm ist der Unterschied zwischen einem Embryo und einem lebenden Menschen des weiteren im Eilverfahren von der 17. Zivilkammer des Landgerichts Nürnberg-Fürth klargemacht worden" (Kuda von der 8. Strafkammer des Landgerichts Nürnberg-Fürth; Az: 8 Ns 404 Js 43127/97, S. 11).

Durch diese richterlichen Formulierungen wird das Gotteswort verworfen, das besagt, daß schwangere Frauen Menschen in ihren Körpern tragen. Dadurch, daß Richter es schwarz auf weiß von sich gegeben haben, daß die Kinder im Mutterleib keine Menschen seien, komme ich nicht umhin, dieser richterlichen Lüge die biblische Wahrheit so lautstark und so allgemeinverständlich wie irgend möglich entgegenzuhalten. Damit jeder begreift, daß die Kinder im Mutterleib nicht nur in irgendeinem übertragenem Sinne Menschen sind, sondern daß sie ebenso Menschen sind wie z. B. Hitlers Verbrechensopfer, deshalb spreche ich über Dr. Freudemanns Menschentötungen in möglichst der gleichen Weise, wie über die Tötung bereits geborener Menschen gesprochen wird. Und da ist es durchaus üblich, die Namen von Mördern wie z. B Hitler, Milosevic, Armin Schreiner, Dieter Zurwehme u. s. w. zu nennen.

Die soeben zitierten volksverhetzenden Formulierungen aus Gerichtsurteilen bestätigen, daß ich wegen der Gleichsetzung der Leibesfrucht mit einem Menschen bestraft werde, daß ich somit deswegen im Gefängnis war, weil ich eine biblische Aussage zu deutlich bezeugt hatte. Doch nach der biblischen Zweireichelehre (Unterschied von Reich Gottes und den politischen innerweltlichen Reichen) hat die weltliche Obrigkeit von Gott keine Vollmacht, Aussagen des Gotteswortes zu verbieten. Neben dem Kampf gegen den Kindermord geht es mir im verfahrensgegenständlichen Flugblatt vor allem um das Prinzip, daß allein das Gotteswort den Inhalt der christlichen Verkündigung bestimmen darf.

Nach Art. 4 GG steht das Grundrecht der Bekenntnisfreiheit im Unterschied zum Grundrecht der Meinungsfreiheit nicht unter dem Schrankenvorbehalt der allgemeinen Gesetze (BVerfGE 32, 98 / 107 f.), sondern läßt nur verfassungsimmanente Schranken zu. Dies wurde im angefochtenen Urteil völlig ignoriert. Weiter weigerte sich Richter Ackermann zur Kenntnis zu nehmen, daß es sich bei meiner Tätigkeitsbezeichnung "Berufskiller" in erster Linie um eine Tatsachenfeststellung handelt.

Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts unterscheidet zwischen Meinungsäußerungen und Tatsachenbehauptungen. Als sich Leugner der "Gaskammern" in Auschwitz vor dem BVerfG auf ihr Grundrecht der freien Meinungsäußerung beriefen, scheiterten sie, da die Karlsruher Richter die Leugnung des Völkermordes als Tatsachenbehauptung werteten (BVerfGE 90, 241 / 247). Wenn die Leugnung von Tatsachen als strafbar gilt, dann kann man mich nicht andererseits dafür bestrafen, daß ich offensichtlich wahre Tatsachen nenne. Dies würde bedeuten, daß nicht gleiches Recht für alle gilt, sondern daß Gerichte nach politischen Gesichtspunkten entscheiden.

Als ich beim erstinstanzlichen Gerichtstermin den Wahrheitsbeweis erbringen wollte, daß die von Dr. Freudemann getöteten Kinder im Mutterleib Menschen sind, an der Stelle, an der ich darauf hinwies, daß Kinder im Mutterleib bereits lernfähig sind, an der Stelle, an der ich ausführte, daß man einen soganannten "Embryo" gepikst hat und gleichzeitig einen Pfeifton erklingen ließ, so daß das Kind bei wiederholtem Versuch auch ohne gepikst zu werden beim Pfeifton zurückzuckte, an dieser Stelle brach Richter Ackermann die Gerichtsverhandlung ab und verlas sein bereits fertig formuliertes "Urteil im Namen des Volkes". Indem er stark erregt war und dadurch, daß er selbst elementarste Regeln einer fairen Prozeßführung ignorierte, reagierte Richter Ackermann, der sich im Vorfeld des Gerichtstermins selbst für befangen erklärt hatte, wie ein persönlich Betroffener.

Wahrscheinlich hatte Richter Ackermann von Anfang an erwartet, daß ich das Menschsein der von Dr. Freudemann im Mutterleib getöteten Kinder ansprechen werde. Denn in einem Beweisantrag vom 15.4.2000 beantragte ich zu beweisen, daß die mit dem Fremdwort "Embryo" bezeichneten Kinder im Mutterleib, die Dr. Freudemann berufsmäßig tötet, keine Menschen seien. Ein derartiger Beweis wäre aber für eine rechtsstaatlich einwandfreie Verurteilung unbedingt notwendig, da die Beweislast für die Schuld des Angeklagten bei der Anklage liegt. Somit muß die Anklage beweisen, daß z. B. meine Tätigkeitsbezeichnung "Berufskiller" für Dr. Freudemann keine Tatsachenfeststellung, sondern lediglich eine Meinungsäußerung sei. Denn § 185 StGB schützt nicht einen unverdient guten Ruf, er schützt nicht vor der Feststellung solcher wahren Tatsachen, die der Betroffene selbst zu verantworten hat.1 Außerdem war Richter Ackermann "von Amts wegen" verpflichtet, zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme "auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind" (§244, Abs. 2 StPO). Und die Frage, ob die von Dr. Freudemann getöteten Personen Menschen sind, ist deshalb entscheidungserheblich, weil davon die Einstufung meiner inkriminierten Äußerungen als Tatsachenfeststellungen oder als Meinungsäußerungen abhängt.

Meinen gemäß § 244 StPO gestellten Beweisantrag ganz einfach zu ignorieren, war ein Verfahrensfehler. Entgegen Art. 103 Abs. 1 GG erhielt ich beim Gerichtstermin am 24. Mai 2000 kein rechtliches Gehör, noch hatte ich das Schlußwort (§ 258, Abs. 2 StPO). Und da ich kein rechtliches Gehör erhielt, konnte ich auch nicht erklären, warum ich "ausgerechnet Dr. Freudemann" "zum Opfer" meiner "Angriffe" genommen habe (S. 4 des angefochtenen Urteils), zumal ich auch nicht danach gefragt wurde.

Zusammenfassend ist festzustellen, daß eine erstinstanliche Gerichtsverhandlung, die diese Bezeichnung auch verdient hätte, überhaupt noch nicht stattgefunden hat. Da aus dem Sitzungsprotokoll, das ich dankenswerterweise erhielt, die Ignorierung elementarster Grundsätze eines rechtsstaatlichen Gerichtsverfahrens nur teilweise hervorgeht, lege ich dieser Berufungsbegründung den Bericht eines Prozeßbeobachters bei.

Johannes Lerle

1 Systematischer Kommentar zu § 185 StGB, Rn 22; Susanne Merz, Strafrechtlicher Ehrenschutz und Meinungsfreiheit, 1998, S. 8, 8, 11, 27 und 28.