Nürnberger Ketzerprozesse

gegen Kindermordgegner

EINE KETTE VON RECHTSBEUGUNGEN

V.d. Urteil

AMTSGERICHT ERLANGEN

 

4 Cs 902 Js 140542/00

 

 

IM NAMEN DES VOLKES

 

URTEIL

 

des Amtsgerichts Erlangen

 

in der Strafsache gegen

Lerle  Dr. Johannes, geboren am 01.06.1962 in Halle, lediger selbst. Unternehmer, Brüxer Str. 25, 91052 Erlangen, deutscher Staatsangehöriger;

wegen Beleidigung

aufgrund der Hauptverhandlung vom 13.06.2000,

an der teilgenommen haben:

1. Richter am Amtsgericht Dr.'Schöpf als Strafrichter

2. Staatsanwältin Edenhofner als Ve.rteterin der Staatsanwaltschaft,

3. Justizangestellte Dittrich als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle.

 

 

1. Der Angeklagte ist schuldig einer Beleidigung.

2. Er wird deswegen zur Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu je 30,-- DM verurteilt.

3. Der Angeklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

 

Angewendete Vorschriften:

§§185, 194 Abs. 1, Abs. 3 StGB;

 

G r ü n d e :

I. 

Der Angeklagte bezeichnet sich als selbständigen Alleinunternehmer. Er gibt sein Einkommen in einer Höhe an, das unter Sozialhilfeniveau liege.

Im Bundeszentralregister ist für ihn folgende Eintragung vorhanden:

11.03.1998 Amtsgericht Nürnberg Rechtskräftig seit 23.06.1999; Tatbezeichnung: Beleidigung; Datum der Tat: 05.09.1997; Angewendete Vofschriften: StGB § 185, 194, 74, 74 D

60 Tagessätze zu je 20,-- DM Geldstrafe Einziehung, Unbrauchbarmachung

 

 

II.

Am 24.01.2000 fand gegen den Angeklagten vor dem Amtsgericht Erlangen die Hauptverhandlung im Verfahren 1 Ds. 404 Js 47438/98 wegen Beleidigung statt. Als die Richterin Rosinski nach Unterbrechung der Hauptverhandlung zur Urteilsverkündung den Sitzungssaal betrat, weigerte sich der Angeklagte, sich für die Dauer der Urteilsverkündung von seinem Sitzplatz zu erheben. Dies begründete er wie folgt: “Vor einem.Gericht, das in Sachen Willert Rechtsbeugung begeht, habe ich keine Achtung". Er befolgte auch eine weitere Aufforderung der Richterin, sich zu erheben, nicht und äußerte dabei: "Vor Rechtsbeugern in Strafsachen.Willert habe ich keine Achtung. Ich bleibe sitzen. Ich halte Sie wegen einer Rechtsbeugung in Sachen Willert .....”

Die Richterin Rosinski fühlte sich durch diese Äußerungen in ihrer Ehre verletzt. Sie stellte am 25.01.2000 form- und fristgerecht Strafantag gegen den Angeklagten. Ihr Dienstvorgesetzter stellte am 03.02.2000 form- und frist- gerecht Strafantrag gegen den Angeklagten.

III.

Dieser Sachverhalt steht aufgrund der Einlassung des Angeklagten und der Aussage der Zeugin Rosinski zur Überzeugung des Gerichts fest. Der Angeklagte gestand, die in Ziffer II aufgeführten Äußerungen vor Verkündung des Urteils im Verfahren 1 Ds 404 Js 47438/98 getan-zu haben. Er wußte lediglich nicht mehr, ob er auch jenen Satz gesagt hatte: "Vor einem Gericht, das in Sachen Willert Rechtsbeugung begeht, habe ich keine Achtung." Er sei nachwievor der Meinung, daß die Richterin Rosinski im vorliegenden Verfahren Rechtsbeugung begangen habe. Der in dem Verfahren angeklagte Willert habe keine Flugblätter verteilt. Dies sei der Richterin nach Erlaß des Strafbefehls von ihm in seinem Schreiben vom 18.11.1999 und auch von dem damaligen Angeklagten Willert telefonisch mitgeteilt worden. Die Passage in dem Flugblatt "Vorbereitung für den Ketzerprozeß am 17.08.1999”, die Gegenstand des Strafbefehls im Verfahren 1 Cs 404 Js 42106/99 gewesen sei,.habe keinen strafbaren Inhalt gehabt. Er wisse, daß Rechtsbeugung Vorsätzlichkeit voraussetze.

Die Zeugin Rosinski bekundete, daß der Angeklagte in der Hauptverhandlung im Verfahren ein 1 Cs 404 Js 42106/99 ihrer Aufforderung, zur Verkündung des Urteils aufzustehen, nicht nachgekommen sei, obwohl er darauf hingewiesen worden sei, daß es eine Mißachtung des Gerichts darstelle, wenn er sich zur Urteilsverkündung nicht erhebe. Der Angeklagte habe geäußert, daß er vor einem Gericht, das in Sachen Willert Rechtsbeugung begehe, keine Achtung habe. Trotz Androhung von Ordnungsgeld, bzw. Ordnungshaft sei der Angeklagte sitzen geblieben und habe mehrfach seine Äußerung wiederholt, daß sie (die Richterin) Rechtsbeugung begehen würde. Sie habe diese Äußerungen als persönliche Beleidigung empfunden. Sie denke, im Verfahren Willert keine Rechtsbeugung begangen zu haben. Sie habe den Strafbefehl nach Aktenlage unterzeichnet. Sie habe ihn für korrekt gehalten. Es habe damals ein Schreiben von Herrn Dr. Lerle gegeben. Für sie sei das kein Grund gewesen, den endgültigen Beschluß nicht zu erlassen. Das Gericht legte die Aussage der Zeugin dem Urteil zugrunde, sie  wirkte glaubwürdig und bekundete im wesentlichen, dasselbe wie in ihrer Strafanzeige vom 25.01.2000.

Das Protokoll über die Hauptverhandlung vom 24.01.2000 im Verfahren 1 Ds 404 Js 47438/98 wurde auszugsweise verlesen. Hieraus ergab sich folgendes: "Die Richterin betrat den Sitzungssaal. Der Angeklagte erhob sich nicht von seinem Platz. Auch nach Aufforderung durch die Protokollführerin erhob er sich nicht. Die Richterin richtete in Richtung des Angeklagten die Worte. "Stehen sie bitte auf. Sitzen bleiben ist eine Mißachtung des Gerichts." Der Angeklagte erwiederte hierauf: “Vor einem Gericht, das in Sachen Willert Rechtsbeugung begeht., habe ich keine Achtung.” Die Richterin ordnete die Protokollierung dieser Aussage an. Der Angeklagte wurde von der Richterin gebeten, sich von seinem Stuhl zu erheben. Der Angeklagte erwiederte: “Vor Rechtsbeugern in Strafsachen Willert habe ich keine Achtung. Ich bleibe sitzen. Ich halte Sie wegen einer Rechtsbeugung in Sachen Willert ...... ”

Der Angeklagte erhob sich nicht von seinem Stuhl. Die Richterin verkündete sodann durch Verlesen der Urteilsformel und mündliche Mitteilung des wesentlichen Inhalts der Urteilsgründe im Namen des Volkes folgendes Urteil. Aus der Akte der Staatsanwaltschaft beim Landgericht Nbg.-Fürth 1 Cs 404 Js 42106/99 kamen folgende Aktenstücke zur Verlesung: Aktenvermerk der POM'in Nüsslein vom 17.08.1999 u.a. mit folgendem Inhalt: Am 17.08.1999 um 13.12 Uhr rief Frau Staatsanwältin Demmel bei der Wache der oben genannten Dienststelle an und teilte mit, daß soeben vor dem Eingang des Amtsgerichts Erlangen Flugblätter mit beleidigendem Inhalt durch den bereits bekannten Johannes Lerle verteilt würden. Durch den Inhalt dieser Flugblätter wird die Ehre des Frauenarztes Dr. Freudemann am KH Nürnberg-Nord in einem erheblichen Maße gekränkt. Als PHM Keil und ich dort eintrafen, stand Herr Lerle vor dem Eingang des Amtsgerichts Erlangen und hielt hierbei zwei Flugblätter in der Hand. Weiterhin stand dort Horst Willert mit verteilbaren Flugblättern, die er ebenfalls in der Hand hielt. Desweiteren führte er eine Normatüte bei sich, in welcher sich offensichtlich weitere Flugblätter befanden. Die Faltinfoblätter hatten den Titel "Vorbereitung für den Ketzerprozeß am 17.08.1999”. Darin befanden sich weiterhin Infoblätter mit den Titeln “Auf zum Ketzerprozeß”, “Die Sprache der Mörder” und eine Kopie des Beschlusses vom Bayer. Obersten Landesgericht (5 St RR 97/99) vom 22.06.1999 im Strafverfahren gegen Lerle wegen Beleidigung."

Flugblatt “Vorbereitung für den Ketzerprozeß am 17.08.1999: “Und ich soll bestraft werden, nur weil ich die Sprache der Mörder gemieden und die Eigenaussage Dr. Freudemanns in einer euphemismusarmen Sprache wiedergegeben habe?! Hätte ich gesagt: Dr. Freudemann führt “Schwangerschaftsabbrüche” durch dann hätte dies kein gerichtliches Nachspiel. Aber ich habe gesagt und werde es auch in Zukunft sagen, daß es Menschen sind, die durch die als “Schwangerschaftsabbruch” verharmloste Tätigkeit Dr. Freudemanns zu Tode gefoltert werden. Dafür, daß ich die von Dr. Freudemann getöteten Personen, deren Hinrichtung von irgendwelchen Schwerstkriminellen Schreibtischtätern in Bonn gefördert wurde, als Menschen bezeichnet habe, dafür soll ich in diesem Ketzerprozeß wegen angeblicher Beleidigung eines Berufskillers verurteilt werden?!”

Strafbefehl des Amtsgerichts Erlangen vom 22.10.1999, unterzeichnet von der Richterin am Amtsgericht Rosinski:” Am 17.08.1999 gegen 13.00 Uhr verteilten sie vor dem Eingang des Amtsgerichts Erlangen Flugblätter mit dem Titel “Vorbereitung für den Ketzerprozeß am 17.08.1999” mit verschiedenen weiteren Infoblättern. Der Inhalt des Flugblattes, den Sie sich zu eigen gemacht haben, war Ihnen bekannt. In diesem Flugblatt heißt es unter anderem: "Und ich soll bestraft werden, weil ich die Sprache der Mörder gemieden und die Eigenaussage Dr. Freudemanns in einer euphemismusarmen Sprache wiedergegeben habe?! Hätte ich gesagt: Dr. Freudemann führt “Schwangerschaftsabbrüche” durch, dann hätte dies kein gerichtliches Nachspiel. Aber ich habe gesagt und ich werde es auch in Zukunft sagen, daß es Menschen sind, die durch die als “Schwangerschaftsabbruch” verharmloste Tätigkeit Dr. Freudemanns zu Tote gefoltert werden. Dafür, daß ich die von Dr. Freudemann getöteten Personen, deren Hinrichtung von irgendwelchen Schwerstkriminellen Schreibtischtätern in Bonn gefördert wurde, als Menschen bezeichnet habe, dafür soll ich in diesem Ketzerprozeß wegen angeblicher Beleidigung eines Berufskillers verurteilt werden?. Für dieses Flugblatt zeichnet verantwortlich im Sinne des Presserechts der anderweitig verfolgte Johannes Lerle. Entsprechend ihrer vorgefaßten Absicht fühlte der Geschädigte Dr. Freudemann sich durch diese Äußerung in seinem sozialen Wert herabgewürdigt und in seiner Ehre gekränkt. Dr. Freudemann hat form- und fristgerecht am 07.09.1999 Strafantrag gestellt. Die bei Ihnen sichergestellten 78 Exemplare des Verfahrens gegenständlichen Flugblattes unterliegen der Einziehung. Sie werden daher beschuldigt einen anderen beleidigt zu haben; Strafbar als Beleidigung gem. §§ 185, 194, 74 I, 74 d Abs. 1 Satz 1, Satz 2 StGB; Beweismittel. Zeugen: POM'in Nüsslein, Polizeiinspektion Erlangen-Stadt (Bl. 13), Urkunden: Auskunft aus dem Bundeszentralregister, Ablichtung des Flugblattes “Auf zum Ketzerprozeß” (Bl. 29/30 ff.) Strafantrag (Bl. 42) Gegen Sie wird eine Geldstrafe in Höhe von 40 Tagessätzen verhängt. Der Tagessatz wird auf 70,-- DM festgesetzt. Die Geldstrafe beträgt somit insgesamt 2.800,-- DM. Die sichergestellten 78 Exemplare des Flugblattes “Vorbereitung zum Ketzerprozeß am 17.08.1999” werden eingezogen. Aus einer Zustellungsurkunde geht hervor, daß dieser Strafbefehl dem Angeklagten Willert am 28.10.1999 zugestellt worden ist. Am 10.11.1999 ging der Einspruch des Angeklagten Horst Willert gegen den Strafbefehl ein, der mit folgender Begründung versehen war: Ich bin an einer außergerichtlichen Einigung interessiert und habe deshalb Kontakt mit Dr. Freudemann's Rechtsanwältin Frau Roth aufgenommen. Es ist angedacht, daß ich die Rechtsanwaltskosten übernehme und eine Überweisung in festzusetzender Höhe zum Beispiel an Amnesty International zahle. Am 19.11.1999 ging beim Amtsgericht Erlangen das an Frau Richterin Rosinski gerichtete Schreiben des Johannes Lerle vom 18.11.1999 ein, auf dessen Ablichtung Bezug genommen wird. Die Ablichtung ist Bestandteil dieses Urteils. Mit Beschluß vom 22.11.1999, unterzeichnet vom Richter am Amtsgericht Sapper, wurde das Verfahren gegen Horst Willert vorläufig eingestellt. Die Beschlußausfertigung für den damaligen Angeklagten wurde am 17.12.1999 zur Post gegeben. Am 27.12.1999 ging beim Amtsgericht Erlangen ein Schreiben des damaligen Angeklagten Willert ein, indem er sein Einverständnis gegenüber dem Amtsgericht Erlangen erklärt, die von ihm sichergestellten Flugblätter formlos einzuziehen. Am 02.01.2000 ging ein Schreiben des Johannes Lerle beim Amtsgericht Erlangen ein, indem er um einen Gesprächstermin nachsucht, und zwar über Rechtsbeugung in dieser Strafsache sowie über § 23 StGB und über Artikel 103 Grundgesetz. Die Richterin am Amtsgericht Rosinski antwortete auf dieses Schreiben mit Schreiben vom 03.01.2000, in welchen sie zum Ausdruck brachte, daß es ihr aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht möglich sei, sich mit Johannes Lerle über ein ihn nicht betreffendes Verfahren zu unterhalten. Dies verb}ietete das Gesetz. Nachdem der Angeklagte Willert Zahlungen an die Rechtsanwältin Roth und an Amnesty International geleistet hatte, stellte das Amtsgericht Erlangen mit Beschluß vom 07.03.2000, erlassen von Richterin am Amtsgericht Rosinski das Verfahren gegen

Willert Horst endgültig ein.

IV.

Durch seine Tat beging der Angeklagte eine Beleidigung im Sinne der §§ 185, 194 StGB, indem er der Geschädigten Rosinski durch die Behauptung, sie habe im Verfahren gegen Willert eine Rechtsbeugung begangen, seine Mißachtung kund tat. Dies war vom Angeklagten gewollt und bezweckt. Die Richterin Rosinski hat durch die Behandlung des Verfahrens, das gegen Horst Willert gerichtet war, weder objektiv noch subjektiv eine Rechtsbeugung im Sinne des § 339 StGB begangen. Bei Erlaß des Strafbefehls vom 22.10.1999 war aufgrund der polizeilichen Ermittlungen, insbesondere aufgrund des Aktenvermerks der Polizeiobermeisterin Nüsslein vom 17.08.1999 ein hinreichender Tatverdacht gegen den damaligen Angeklagten Willert wegen Beleidigung gegeben (§ 408 Abs. 2 Satz 1 StPO). Den Beschluß über die vorläufige Einstellung des Verfahrens erließ die Richterin am Amtsgericht Rosinski nicht. Durch die Erfüllung der ihm erteilten Auflagen seitens des damaligen Angeklagten Willert entstand ein Verfahrenshindernis (§ 153 a Abs. 2, Satz 2 in Verbindung mit Abs. 1 Satz 5 StPO). Der Beschluß der Richterin Rosinski über die endgültige Einstellung des Verfahrens hatte nur deklaratorische Bedeutung (vgl. Kleinknecht/Meyer-Goßner: StPO, 43.Auflage, § 153 a, Rd.Ziff. 53). Ob die Verwendung des Ausdrucks "Berufskiller" im Flugblatt “Vorbereitung für den Ketzerprozeß am 17.08.1999” den Tatbestand einer Beleidigung im Sinne des § 185 StGB erfüllte, kann in diesem Zusammenhang letztlich dahingestellt bleiben. Diese Rechtsauffassung ist zumindest vertretbar. Nicht jede objektiv unrichtige Rechtsverletzung erfüllt den Tatbestand der Rechtsbeugung im Sinne des § 339 StGB. Vielmehr setzt sie einen elementaren Verstoß gegen die Rechtspflege und damit eine objektiv willkürliche Rechtsanwendung voraus (vgl. Tröndle/Fischer: StGB, 49. Auflage, § 339,Rd.Ziff. 6, unter Verweisung auf die Rechtsprechung des BGH). Darüberhinaus gibt es keinerlei Anhaltspunkte dafür, daß sich die Richterin Rosinski bei ihrer Behandlung des Falles Willert bewußt einer objektiv falschen Rechtsanwendung schuldig gemacht hat.

Der Angeklagte handelte vorsätzlich, weil ihm bewußt war, daß seine Äußerungen eine schwere Kränkung der Richterin Rosinski in ihrer beruflichen Ehre bedeuteten. Er war sich auch über den Begriff “Rechtsbeugung” weitgehend im Klaren, da er vor Gericht angab, daß der Tatbestand der Rechtsbeugung Vorsatz erfordere.

Die Tat des Angeklagten war auch nicht nach § 193 StGB gerechtfertigt. Er kann sich nicht auf die Wahrnehmung berechtigter Interessen berufen. Die Richterin war befugt, den Angeklagten aufzufordern, sich für die Dauer der Urteilsverkündung von seinem Platz zu erheben. Dies erforderte die Ordnung der Sitzung (vgl. Kleinknecht/Meyer-Goßner: 43. Auflage, § 178 GVG Rd.Ziff. 3). Dieser rein formalen Anforderung durfte der Angeklagte nicht dadurch begegnen, daß er die Richterin einer Rechtsbeugung in anderer Sache bezichtigte. Dadurch, daß der Angeklagte bei der Verkündung des Urteils aufzustehen hat, wird von ihm nicht verlangt, daß er dem betreffenden Richter seine Ehrerbietung erweist. Vielmehr wird dadurch der Bedeutung der Urteilsverkündung der gebotene formale Rahmen gegeben. Dies hätte der Angeklagte erkennen können und müssen.

V.

Bei der Strafzumessung sprach gegen den Angeklagten, daß er durch das Urteil des Amtsgerichts Nürnberg vom 11.03.1998 einschlägig vorbestraft war und daß diese Vorstrafe noch nicht lange zurückliegt. Insbesondere spricht gegen ihn, daß er den Vorwurf der Rechtsbeugung seitens der Richterin Rosinski sowohl in der Verhandlung vom 24.01.2000 (Verfahren 1 Ds 404 Js 47438/98) als auch in der Hauptverhandlung des gegenständlichen Verfahrens in öffentlicher Verhandlung erhob. Dadurch und durch den Inhalt der beleidigenden Äußerungen wurde die Richterin Rosinski in ihrer beruflichen Ehre massiv gekränkt. Der Angeklagte ist offensichtlich ein Mann, der in Verfolgung seiner politischen und religiösen Auffassungen keinerlei Skrupel hat, andere in ihrem Ehrgefühl herabzusetzen. Er hat keinerlei Schuldeinsicht oder Reue gezeigt. Unter Berücksichtigung dieser Gesichtspunkte mußte auf eine

Geldstrafe von 60 Tagessätzen

erkannt werden, um auf das erneute strafbare Fehlverhalten des Angeklagten angemessen zu reagieren und ihn von der Begehung weiterer gleichartiger Straftaten abzuhalten. Falls er mit seinem strafbaren Treiben fortfährt, wird in Zukunft die Verhängung einer Freiheitsstrafe in Betracht kommen. Die Höhe des einzelnen Tagessatzes wurde auf 30,-- DM festgesetzt. Dies steht mit seinen Einommensverhältnissen, wie er sie in der Hauptverhandlung angegeben hat in Einklang.

VI.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 464, 465 StPO

 

gez . Dr. Schöpf

Richter am Amtsgerich